Schicksalstage
Geprägt wurde die Idee vom digitalen Nachlassdienst erstmals im Jahr 2014. Bereits damals war ich, wie so viele andere auch, bereits häufig auf Social-Media-Kanälen unterwegs. Eines Tages, und ohne es anfangs zu bemerken, passierte Dramatisches. Eine mit mir auf Facebook befreundete Person nahm sich das Leben.
Zu Beginn bemerkte ich das gar nicht. Erst als sich vermehrte Aktivität auf deren Profil einstellte und dieses dadurch immer häufiger in der Timeline auftauchte, wurde ich aufmerksam. Als ich mich einzulesen begann, wurde mir die Tragödie erst richtig bewusst. Es waren die Eltern der verstorbenen Person, die auf besagtem Profil posteten.
Mir stockte der Atem – ich kannte die verstorbene Person und deren Eltern noch aus meiner Jugendzeit. Ein kalter Schauer lief mir beim Lesen der Zeilen über den Rücken und ich fühlte tiefe Trauer. Wie schrecklich es den Eltern mit diesem Verlust gehen musste, konnte ich als Vater eines Sohnes nur erahnen. Was gibt es schlimmeres als das eigene Kind zu verlieren?
Die Zeilen der Eltern zeugten von Schmerz und tiefer Verzweiflung. Sie hatten den Verlust Ihres Kindes zu beklagen – doch damit nicht genug. Neben der Trauerarbeit sowie den zu dem Zeitpunkt anstehenden administrativen Aufwänden kämpften sie zu allem Überdruss noch mit technischen Herausforderungen.
Die Eltern baten die Online-Gemeinde, nicht mehr auf besagtem Profil zu posten. Gleichzeitig kamen Fragen auf, wie man das Facebook-Profil löschen könnte – und ob jemand wisse, wie man ohne Zugangsdaten auf den Desktop-PC und dessen Datenbestände zugreifen könnte. Gut gemeinte Ratschläge folgten – doch die Verwirrung schien im Nachhinein oft noch grösser als zuvor. Ich fühlte die Überforderung in den Worten der Eltern und begann mich zu fragen, ob und wie man Angehörigen in solchen Situationen helfen könnte – eine solch tragische Situation kann ja schliesslich jeden von uns treffen.
Zu besagter Zeit war ich noch in einer hektischen Arbeitsstelle eingebunden. Mein Fokus lag dem entsprechend auf meiner beruflichen Tätigkeit.
Vier Jahre später, im Jahr 2018 stand ich dann in einer Phase der beruflichen Neu- bzw. Umorientierung. Ich wusste, dass ich mich nach Möglichkeit selbständig machen wollte. Auch wusste ich, dass ich etwas machen möchte, was Menschen wirklich hilft. Ich erinnerte mich zurück an mein Erlebnis im Jahr 2014 und meine Gedanken begannen sich mit der erlebten Situation auseinanderzusetzen. Je länger ich mich mit der Thematik beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass hier Handlungsbedarf besteht. Die Idee des digitalen Nachlassdienstes war im Begriff geboren zu werden.
Ich setzte mir zum Ziel, Wege zu finden, die nachhaltig aus dieser Misere führten und den betroffenen Personen Hand bieten können. Ich wollte den ersten digitalen Nachlassdienst der Schweiz ins Leben zu rufen, um in solchen Situationen aktive Hilfe bieten zu können.